(Michael Schröpl für Interzine '92.05', 1992-05-09)
In derzeit 10 Zines wird Golf nach weitgehend ähnlichen Regeln gespielt. Unterschiede bestehen wohl hauptsächlich in der Anzahl der einsetzbaren Schlägerwechsel (teilweise limitiert und ansparbar, teilweise völlig frei) und in der Art der Modifikatoren der Basiswerte für die einzelnen Bahnen.
In meiner Golf-Partie BALLESTEROS im Amtsblatt, der mit inzwischen 109 Turnieren ältesten überhaupt in der pbm-Szene, werden für die 6 zu spielenden Bahnen Längenwerte nach den Formeln
B1+1W3, B2+1W4, B3+1W6, B4+2W2, B5+2W3, B6+2W4
bestimmt und mit den Schlägern
S1, S2, S3, S4
gespielt.
Nun stellt Euch mal vor, Ihr könntet die Basislängen B1 bis B6 für ein Turnier frei bestimmen. Und außerdem hättet Ihr auch noch jede Menge Schlägerwechsel übrig, so daß Ihr jede beliebige Schlägerkombination S1 bis S4 verwenden könntet.
Unter diesen Voraussetzungen möchte ich ein Golf-Turnier ausschreiben, an dem jeder Leser dieser Zeilen teilnehmen darf. (Und möglichst viele Leser teilnehmen sollen!)
Als Zug abzugeben ist eine Kombination aus
die natürlich möglichst optimal zusammenpassen soll.
Dabei gelten folgende Einschränkungen für die anzugebenden Werte:
Erfüllt ein Zug diese Bedingungen nicht, dann gilt er als nicht abgegeben.
Die Auswertung des Turniers wird folgendermaßen durchgeführt werden: Ich werde ein Programm schreiben, das
Nach dieser Formel erhält jeder Spieler, der alleine Platz n belegt, 10000/(2.5+n) Punkte (auf die nächste ganze Zahl gerundet). Ein alleiniger Sieger erhält also 2857 Punkte. (Spitzenplätze werden, wie leicht zu sehen ist, überproportional hoch bewertet.)
Teilen sich zwei oder mehr Spieler einen Plazierung, dann werden die Ranglistenpunkte der von ihnen belegten Plazierungen gemittelt. Zwei gemeinsame Sieger erhalten also je (2857+2222)/2 = 2540 Punkte.
Der Sieger des gesamten Turniers wird derjenige Spieler sein, der in 1000 Durchgängen die insgesamt meisten Punkte erzielt.
Als 'Zugformat' genügen mir jeweils die 6+4 Zahlen (die ich ja dann nur noch in mein Programm eintippen muß). Ich bitte jeden Teilnehmer darum, wahrheitsgemäß anzugeben, ob er bei der Bestimmung seiner Daten ein Computerprogramm verwendet hat (Nicht programmierbare Taschenrechner zählen natürlich nicht als solches.) Ich werde 'manuelle' und 'computergestützte' Spieler zwar gemeinsam auswerten, die Namen der Teilnehmer aber mit dem Präfix "M-" bzw. "C-" versehen.
Die abgegebenen Züge werden in der Auswertung nicht veröffentlicht werden, wohl aber der jeweils erreichte Erwartungswert pro Turnier.
Eine Teilnahmegebühr - wie bei ähnlichen Turnieren üblich - ist nicht erforderlich. Dafür wird es auch nicht um einen materiellen Pokal, sondern - wie in der Zine-Szene üblich - um einen ideellen Titel gehen. Und natürlich um den Spaß bei der Tüftelei!
Die Ergebnisse werden wie diese Auswertung im Interzine veröffentlicht werden. Wer einen frankierten und an sich selbst adressierten Briefumschlag beilegt, erhält die komplette Auswertung direkt zugeschickt.
Das Ganze sollte eine interessante Angelegenheit werden, bei der die Programm-Benutzer nicht automatisch deutliche Vorteile haben müssen. Die optimale Lösung (so es denn eine gibt - die hängt immerhin auch von den Zügen der Mitspieler ab) ist in einem zehndimensionalen Zahlenraum zu suchen! Intelligente Suchprogramme dürften allerdings durchaus etwas bringen.
Ich würde mich freuen, wenn möglichst viele Leser daran teilnehmen würden. Bei Christian Götzes 1830-Wettbewerb war die Aufgabe sehr schwierig und die Zeit zu knapp; ich hoffe, diese Probleme liegen hier nicht vor.
Zugabgabetermin: Posteingang 1992-08-01
(Michael Schröpl für Interzine '92.08', 1992-08-10)
19 Spieler sind dem Aufruf gefolgt und haben es bis zum ZAT geschafft, einen Zug einzureichen. Sechs von ihnen haben ihren Zug durch den Einsatz eines Rechners verbessert, wobei die Computerspieler wie erhofft das Turnier nicht dominieren konnten. Ein Programm allein macht es halt nicht, obwohl einige manuelle Spieler es gut hätte brauchen können.
Ich habe - aus reiner Neugier - mein eigenes Suchprogramm über die eingegangenen Züge laufen lassen und für die jeweiligen Bahnbeschreibungen die Schläger in einer vierdimensionalen Umgebung mit Radius 5 abgesucht und zudem alle 1397 Einfachwechsel durchlaufen lassen. Durch ein manuell gesteuertes Mischverfahren dieser beiden Methoden (beginnend mit dem trivialen Schlägersatz 1-1-1-1) fand ich zu jedem eingereichten Turnier (bis auf eine Ausnahme) innerhalb von 2 Minuten einen Schlägersatz, der mindestens so gut war wie der dazu eingereichte. (Bei vielen Spitzenspielern schon nach dem 3. oder 4. Einfachwechsel! Die tiefsten 'Löcher' im vierdimensionalen Zahlenraum hatten also einen ziemlich breiten 'Kraterrand'.) Der eigentliche Trick war aber natürlich, leicht zu spielende Turniere zu finden; dafür aber ein eigenes Programm zu schreiben, war mir als Nichtmitspieler denn doch zu viel Arbeit.
Vier Spieler hatten durchaus sinnvolle Bahnen gefunden, aber nicht die besten Schläger dazu. Das überraschte mich, da ich angenommen hatte, daß beide Teile der Optimierungsaufgabe nur im Zusammenhang gelöst werden könnten. Die 1000 Durchgänge der Auswertung dauerten auf meinem Atari knapp 2 Stunden.
Der Einmarsch der Gladiatoren (in alphabetischer Reihenfolge):
Die Ergebnisse:
Platz | Punkte | Schläge | Erw.-Wert | Spieler | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10+ | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. | 1409057 | 12845 | (-113) | 12,9583 | M-Peter Rau | 181 | 140 | 138 | 123 | 77 | 71 | 46 | 44 | 42 | 138 |
2. | 1375989 | 13009 | (-67) | 13,0764 | C-Helmut Franke | 204 | 129 | 97 | 85 | 70 | 62 | 44 | 46 | 49 | 214 |
3. | 1305071 | 13114 | (-80) | 13,1944 | M-Thomas Pfaff | 156 | 123 | 108 | 108 | 83 | 61 | 49 | 54 | 53 | 205 |
4. | 1300231 | 13145 | (-6) | 13,1389 | C-Clemens Misch | 166 | 111 | 98 | 101 | 84 | 52 | 58 | 57 | 43 | 230 |
5. | 1264675 | 13233 | (-62) | 13,2847 | M-Peter Jacobi | 147 | 123 | 104 | 68 | 78 | 62 | 48 | 60 | 59 | 251 |
6. | 1264601 | 13202 | (+63) | 13,1389 | M-Robert Gunst | 162 | 111 | 98 | 79 | 75 | 67 | 43 | 53 | 60 | 252 |
7. | 1239337 | 13274 | (+31) | 13,2431 | M-Willmar Plewka | 141 | 98 | 114 | 102 | 70 | 64 | 38 | 61 | 62 | 250 |
8. | 1131506 | 13534 | (+48) | 13,4861 | C-Walter Klust | 99 | 101 | 96 | 84 | 63 | 57 | 49 | 49 | 59 | 343 |
9. | 1103127 | 13784 | (-22) | 13,8056 | C-Hajo Gurt | 125 | 56 | 66 | 100 | 97 | 66 | 18 | 22 | 11 | 439 |
10. | 974048 | 14193 | (+26) | 14,1667 | M-Richard Rotter | 87 | 69 | 69 | 51 | 48 | 36 | 42 | 46 | 46 | 506 |
11. | 925274 | 14276 | (+30) | 14,3056 | M-Christian Frank | 78 | 46 | 44 | 55 | 62 | 52 | 44 | 59 | 49 | 511 |
12. | 913129 | 13974 | (+26) | 14,0000 | M-Kay Borschinski | 31 | 38 | 76 | 80 | 78 | 59 | 56 | 78 | 80 | 424 |
13. | 897056 | 14365 | (+18) | 14,3472 | M-Michael Paas | 62 | 40 | 55 | 64 | 54 | 38 | 32 | 53 | 55 | 547 |
14. | 879310 | 14159 | (-1) | 14,1597 | M-Hanno Girke | 36 | 44 | 51 | 58 | 67 | 52 | 60 | 72 | 78 | 482 |
15. | 873812 | 14215 | (+7) | 14,2083 | M-Bernd-Stefan Swillus | 37 | 37 | 59 | 66 | 57 | 56 | 53 | 70 | 68 | 497 |
16. | 806691 | 14815 | (+9) | 14,8056 | M-Volker Jungmann | 32 | 43 | 54 | 46 | 43 | 39 | 34 | 41 | 46 | 622 |
17. | 745909 | 14895 | (-15) | 14,9097 | C-Detlef Steuer | 20 | 29 | 27 | 41 | 34 | 46 | 36 | 45 | 53 | 669 |
18. | 743384 | 14860 | (+27) | 14,8333 | C-Carsten Wesel | 23 | 22 | 29 | 44 | 39 | 46 | 44 | 45 | 48 | 660 |
19. | 728012 | 15022 | (-47) | 15,0694 | M-Martin Schlumpberger | 29 | 22 | 27 | 29 | 32 | 24 | 28 | 41 | 57 | 711 |
Punkte und Schläge sind jeweils die Summen aus allen 1000 Turnieren. Bei den Turnier-Plazierungen hat das Programm bei einem geteilten Platz jeweils den besten der geteilten Plätze in die Statistik eingetragen.
Wenn ich mir die Ergebnisse betrachte, dann darf ich mit der gestellten Aufgabe sehr zufrieden sein. Ohne selbst eine Lösung gesucht zu haben, hatte ich im Stillen gefürchtet, die Aufgabe könnte zu einfach sein und es würden dutzende identischer Züge eintreffen, zwischen denen dann wild gewürfelt werdenmüßte. In der Tat gab es aber nicht zwei gleiche Züge; Clemens Misch und Robert Gunst haben zwar denselben Erwartungswert erreicht und ähnliche Schläger, aber die Basiswerte ihrer Bahnen sind unterschiedlich angeordnet.
Alle Spieler mit einem Erwartungswert zwischen 13 und 14 (außer Hajo Gurt) haben im Prinzip dieselben Schläger und Bahnen abgegeben - die Qualitätsunterschiede liegen jeweils nur an Kleinigkeiten. Alles, was als Idee weniger gut oder in der Optimierung mißlungen war, schaffte die 14,0 nicht.
Der Turniersieger hat aber als einziger Teilnehmer ein Konzept für Schläger und Bahnen gefunden, das dem der Konkurrenten grundsätzlich überlegen zu sein scheint. Obwohl sein Erwartungswert nur knapp der beste war, ist der Sieg daher keineswegs seinem schon sprichwörtlichen Glück zuzuschreiben.
Das Szenario enthält eine ganze Reihe von Freiheitsgraden, die eine Wiederholung jederzeit möglich machen, ohne damit die Experten sicher zu langweilen.
Schon eine geeignete Änderung bei der Anzahl der Schläger und Bahnen kann ein anderes Konzept sinnvoll werden lassen; auch das Intervall für die Basiswerte hat ja mindestens einen Zug stark beeinflußt.
Auch die von Pedl gefundene Mehrdeutigkeit könnte gerade bei einem sonst leichten Szenario die Aufgabe verschärfen (dadurch würden Computerspieler allerdings deutlich bevorteilt). Hierbei wäre es sogar denkbar, ganz ohne Würfeln auszukommen und statt dessen alle möglichen Würfelwürfe (das sind gut 15000) jeweils genau einmal vom Programm erzeugen zu lassen.
Zum Abschluß vielen Dank an alle Teilnehmer - ich hoffe, es hat Euch mindestens so viel Spaß gemacht wie mir. Auslöser für das Turnier war übrigens mein 10jähriges Jubiläum als Abonnente des Amtsblatts und damit als Postspieler - man gönnt sich ja sonst nichts ...
(Peter Rau für Interzine '92.10', 1992-10-11)
Auch fast zwei Monate nach der Austragung des etwas anderen Golf-Turniers scheinen die WIESBADEN OPEN manchen jetzt noch in ihrem Bann zu halten. Weil sich (und mich) immer noch Golf-Freaks fragen, wie man denn einen Erwartungswert <13 erreichen könne, veröffentliche ich hier meine Lösung (die ein nicht genannt werden wollender Zweitplazierter schon bekommen hat).
Die Schläger waren 162, 158, 157, 3 und die zugehörigen Bahnen lauteten 159 / 151 (oder 152) / 318 / 155 / 161 / 310.