Training bei NMR - ein neuer Ansatz

(Michael Schröpl, 1990-10-08, für United-Forum 15)

Vorweg zur Einordnung dessen, was ich im folgenden diskutieren will: Grundsätzlich ist der Mechanismus, den ich beschreiben werde, für jeden United-GM verwendbar. Es ist allerdings zu befürchten, daß manuell auswertende Spielleiter vor dem erhöhten Aufwand zurückschrecken und das Verfahren bestenfalls in Zweifelsfällen zu Rate ziehen dürften, in denen sie mit Intuition alleine keine Entscheidung treffen wollen.

Zielsetzung

Ich will eine Trainingsregel, die

  1. dem GM die Auswahl der zu trainierenden Spieler nach dubiosen Kriterien erspart,
  2. den Verein so behandelt, wie es für ihn am besten ist (hierzu siehe gleich näheres), und
  3. den Verein für einen künftigen Standby in einem guten Zustand erhält.

Punkt 1. besagt lediglich, daß mir das Training jeweils auf den "jüngsten stärksten" Spieler nicht als hinreichend präzise Formulierung erscheint; jeder andere im Umlauf befindliche Regeltext scheitert spätestens an den Sonderspielern von AUFSTIEG. Über Punkt 3. dürfte wohl allgemeine Einigkeit herrschen; das Verfallenlassen von WPs aus United3 hat ja wohl überall ausgedient.

Problembeschreibung

Punkt 2. bedarf einer näheren Erläuterung. Ich bin der Meinung, daß ein permanent von Stan Dard geführter Verein, der ggf. sowieso seiner Auflösung entgegensieht, nach anderen Kriterien trainiert werden kann und oft sogar sollte als ein Verein, dessen Manager bloß mal eben den ZAT verpaßt hat.

Bei einem normalen NMR ist es sicher sinnvoll, den bisherigen Trainingsplan des Managers sinngemäß fortzusetzen bzw. dem Verein durch das Training von Talenten, die noch eine "hinreichende" Stufe erreichen können, langfristig das Potential zu erhalten.

Bei kaputten Vereinen bin ich da nicht so sicher: Mir blutet das Herz, wenn ich als GM laut bisheriger NMR-Regel sämtliche Talente, die sowieso nicht spielen, weil der Verein 16 Spieler besitzt, von Stufe 2 auf 3 zu trainieren habe, obwohl auf dem Platz ein S I 9 herumsteht, ein V II 9 für 0.5 WP pro Stufe bis 12 trainierbar wäre oder was auch noch alles.
Das Liga-Geschehen würde weniger stark verzerrt werden, wenn der Verein von einem Standby geführt und sich bis zum bitteren Ende wehren würde (das versuche ich inzwischen möglichst häufig zu erreichen). In einem solchen Fall macht Stan Dard derzeit nämlich unabsichtlich ein Schlachtopfer aus seinem Team, weil er sich an Vorgaben zu halten versucht, die offensichtlich unrealistisch sind. Der gerade beschriebene Verein könnte seine sämtlichen Talente theoretisch noch auf Stufe 7 schaffen - aber nicht mit den Trainings-WPs, die er tatsächlich noch einspielen wird. Die NMR-Regel verdonnert Stan Dard aber dazu, alle Talente auf Stufe 4-5 zu trainieren, weil Stan erst dann "erkennen" kann, daß es für mehr nicht reichen wird.

Was also tun?

Mit einem beliebig komplizierten Verfahren, das zwischen NMRs, Dropouts usw. unterscheidet, ist natürlich jetzt auch niemandem gedient. Das, was ich noch zu beschreiben habe, ist auch gar nicht direkt aus der obigen Fragestellung entstanden. Vielmehr habe ich aus reiner Neugier eine neue Funktion in UNITED/ST 1.20 eingebaut und mich über die Ergebnisse erst einmal kräftig gewundert.

Die Programmänderung

Es begann mit der Klage von Gerhard Wahlig über die immer wieder auftauchende Frage: "Soll das Training des Vereins beendet werden (j/n)?". Grundsätzlich ist eine solche Ende-Kontrolle unverzichtbar - aber es würde ja reichen, wenn man eine solche Entscheidung alternativ zur Auswahl des nächsten Spielers treffen könnte.

Das wiederum konnte UNITED/XY bisher nicht. Dort gibt es eine Funktion, mit der man einen Spieler aus einem Verein auswählen kann. Faul, wie diese Programmierer nun mal sind, haben wir diese Funktion an jeder möglichen Stelle aufgerufen, also auch beim Training. Diese Funktion kennt aber keine Eingabe "keiner" - deshalb die zusätzliche Frage. Um das Problem also zu lösen, mußte die komplette Dialogführung des Trainings neu gestaltet werden. Das hört sich schlimmer an, als es dann tatsächlich war, denn von den 20 kB des Moduls TRAINING konnte ich etwa die Hälfte, die sich mit Ligasystem, Liga, Vereinsauswahl usw. befaßt, unverändert übernehmen.
Wie die neue Oberfläche auszusehen hätte, darüber bestand für mich seit TEAMCHEF, bei dem man Spieler zum Training auswählen und durch erneute Auswahl dieses Einzeltraining wieder zurücknehmen kann, keinerlei Zweifel.

Also galt es, ein paar Stunden zu investieren und die Auswahlfunktionen neu zu schreiben. Durch die neue Darstellung (bisher waren die bereits trainierten Spieler zusätzlich auf der rechten Bildschirmseite angezeigt worden, nun werden sie invertiert dargestellt) wurde dabei eine Menge Platz auf dem Bildschirm frei - Platz, den ich sofort zur Anzeige von zahlreichen zusätzlichen Werten des Spielers verwenden konnte: der Trainingsaufwand und die maximal erreichbare Stufe waren die ersten interessanten Angaben, die hinzukamen.

UNITED/XY erstellt auf Wunsch Tabellen, die alle Vereine nach Handelswert sortiert auflisten kann, wobei ein Trainings-WP mit 350 kKj. bewertet wird. Irgendwie kam mir die Idee, dieser magischen (und uralten) 350 einmal näher auf den Zahl zu fühlen. Platz war noch da - was lag also näher, als den Handelswert eines Spielers vor und nach dem Training zu bestimmen (je ein Funktionsaufruf) und die Differenz hinter einem trainierten Spieler anzuzeigen?

Halt - das reicht noch nicht. Es gibt ja Hintermannschaftsspieler oder bei AUFSTIEG überhaupt anders trainierbare Spieler. Interessant ist also nicht die Änderung der Handelswertes eines einzelnen Spielers, sondern des Vereins (!) durch einen Trainingsvorgang - das ist die "Katalysatorwirkung" des Spielers. Rechnet man die verbrauchten WP in Geld um und zieht sie vom Wertgewinn des Spielers ab, dann hat man die gesuchte Zahl.

Wertoptimierung

Jetzt kann der Spielleiter also nach Belieben herumprobieren und lernen, wie sich Training auf den Wert eines Vereins auswirkt. Keine schlechte Sache, nicht wahr? Wenn man nun an das oben erwähnte Trainings-Ideal der Werterhaltung denkt, dann erhält eine völlig neue Idee einer Regel für das Training bei NMR erste vage Umrisse.

Die paar Spieler, die ein Verein im allgemeinen trainieren kann, kann man ja wohl in aller Ruhe durchprobieren, wenn tatsächlich ein NMR vorliegt. Dachte ich, baute flugs noch einen Parameter WP_WERT ein (um endlich die Altlast der vielen 350er im Programm zu beseitigen) und wollte mich an die aktuelle AUFSTIEG-Auswertung machen.

Moment mal - wieso selber probieren? Wofür ist der Rechner denn eigentlich da! Schnell noch eine Funktion geschrieben, die für jeden Spieler eines Vereins die WP-bereinigte Wertbilanz berechnet und den Index des besten "Katalysators" an seine Umwelt zurückgibt. Die neue Trainings-Dialogschicht hatte noch ein paar Tasten frei; die Taste Esc wurde flugs mit der Bedeutung "trainiere den Spieler, dessen Training dem Verein am meisten nützt" belegt.

Die ersten Erfahrungswerte

Dann ging es an die Auswertung. Für jeden der 36 Vereine probierte ich zunächst einmal das optimale Training aus, bevor ich den Zugzettel des Managers eintippte. Dabei kamen ganz interessante Effekte zutage.

Etwa die Hälfte der Manager trainiert dieselben Spieler wie das gerade beschriebene Verfahren. Abweichungen davon gibt es interessanterweise häufiger bei guten als bei schlechten Managern; warum das so ist, wird im folgenden schnell klar werden.

Schlechte Manager nutzen nämlich zwei Effekte nicht aus:

Die Handelswerttabelle von AUFSTIEG, die dem besagten Training zugrundelag, ist anhand der RWP-Theorie entstanden. Die Werte, die ein Spieler demzufolge besitzt, spiegeln ziemlich exakt die Summe aus Nutzen im Spiel plus späterem NL-Verkaufswert wieder. Die Wertdifferenz zwischen einem X II 9 und einem X II 10, die für bis zu 2 Saisons einen WP mehr auf dem Platz bedeutet, ist knapp höher als die Wertdifferenz zwischen einem X nT 3 und einem X nT 4, bei dem selbiges später vermutlich auch einmal gelten wird, während dafür aber kurzfristig ein WP auf dem Platz fehlt.

Natürlich ist das wertvollste Training das in hohe Talente. Es ist deutlich wertvoller als z.B. das Training in Talente niedriger Stufen. Einen X nT 2 auf Stufe 3 zu trainieren ist wertmäßig gesehen ein Verlust. Dieser Verlust wird um so größer, je später der Zeitpunkt des Trainings in der Saison liegt, denn der Handelswert eines X nT 2 wird ja (nach Rundenanzahl gewichtet) aus den Tabellenwerten für X nT 2 und X I 2 berechnet. Gegen Saisonende zählt fast nur noch die Steigerung von X I 2 auf Stufe 3, die ja ziemlich sinnlos ist und demzufolge wertmäßig enorm schlecht wegkommt.

Das Training auf alte Spieler, deren Wert sich dadurch kaum erhöht, entspricht einem beinahe kompletten Verlust des Trainings-WPs und ist daher nur im äußersten Notfalle überhaupt interessant. Die interessanten Grenzbereiche sind dagegen: Trainiere ich jetzt das X nT 3 auf Stufe 4, den X I 8 auf Stufe 9 oder den X II 11 auf Stufe 12?

Und genau an dieser Stelle (an der die Wertunterschiede oft nur marginal sind) liefert das Programm dem Spielleiter nun konkrete Zahlen, so daß er nicht länger darauf angewiesen ist, zu raten oder mechanisch den ggfs. falschen Spieler auszuwählen. Für ein wertorientiertes NMR-Training dürfte das eine Hilfe sein, die Stan Dard manches Kopfzerbrechen in Zukunft ersparen könnte.

Ganz nebenbei wird dieses neue Instrument auch noch mit sämtlichen Sonderspielern fertig, die es in AUFSTIEG gibt. Trainer produzieren WP "aus dem Nichts" und schaffen damit einen enormen Wertzuwachs. Billig trainierbare Spieler dürften bei entsprechend ordentlicher Stufe eine gute Quote bringen und oftmals mit Talenten konkurrieren können.

Für schlecht geführte Vereine findet das Verfahren ganz automatisch heraus, daß sich ein Training von weit zurückhängenden Talenten nicht lohnt, wenn alternativ dazu auch starke Spieler auf dem Platz trainiert werden können.

Die Grenzen des Verfahrens

So schön und elegant sich die Sache einem UNITED/ST-Benutzer darstellen mag, sollte ich nicht versäumen, einige Probleme darzustellen, die der GM eventuell übersehen könnte.

Das Training auf den jeweils sinnvollsten Einzelspieler bewirkt nicht in allen Fällen die maximale Wertsteigerung des gesamten Vereins. Sind z. B. 2 WP zu trainieren, dann wird das Programm von S nT 6, A nT 5 und MS III 6 nicht den Ausputzer, sondern die beiden Feldspieler auswählen, da der S nT 6 den höchsten Profit verspricht und für den A nT 5 danach die WP nicht mehr ausreichen.

Solange man nur normale Spieler trainiert, kann der Spielleiter durch den einfachen Vergleich zwischen den beiden schlechtesten Einzelspielern und dem besten nicht trainierten 2-WP-Mann das Problem immer lösen; bei den zahlreichen möglichen Trainingskosten, die allerdings in AUFSTIEG vorkommen können, ist das Problem allerdings grundsätzlich äquivalent zum knapsack problem, einem NP-vollständigen Problem, was befürchten läßt, daß zur Bestimmung der optimalen Lösung jede mögliche Teilmenge der trainierbaren Spieler ausprobiert werden muß. Und das sind bei <n> trainierbaren Spielern eben 2<n> Teilmengen - das ist ganz schön lästig. Bevor ich so etwas fest in das Programm einbaue, will ich doch lieber sichergehen, daß der GM nicht plötzlich wegen eines NMR-Trainings minutenlang untätig vor der Kiste sitzen muß. Versuchen werde ich es aber ganz bestimmt.

Trainer werden nach dieser Wertberechnung vorrangig trainiert, unabhängig davon, ob das Trainingspotential des Vereins die entstandenen WP überhaupt verkraften kann. Dies kann natürlich im Ausnahmefall ziemlich störend sein; andererseits darf ich die "gespeicherten" WPs auch nicht bedenkenlos auf Halde liegen lassen, da sie auch dadurch zerfallen könnten, daß ihr Trainer mangels hinreichend hoher Stufe plötzlich eine Saison früher stirbt!

Das Trainingspotential wird auch in anderer Hinsicht nicht optimal genutzt. Sind nur noch zwei X nT 2 und zwei VMS II 9 trainierbar, dann wird das Programm wahrscheinlich auch bei 2 Trainings-WP die Altspieler trainieren und in der nächsten Runde von 4 WP dann 2 Stück zerfallen lassen.

Der Pilottest

Nichtsdestotrotz werde ich das NMR-Training in der nächsten Saison handelswertorientiert durchführen, und zwar zunächst in Einzelschritten. Sobald die Bestimmung des besten Teamtrainings implementiert ist, werde ich auf dieses Verfahren umstellen. Meine Manager scheinen mehrheitlich nichts dagegen zu haben, woran aber häufig die Einstellung "Ich mache sowieso keine NMRs" schuld sein dürfte.

Zurück zum Regeltext

Um das beschriebene Verfahren als Regel formulieren zu können, braucht man mehrere Dinge.

Zunächst einmal den Satz: "Stan Dard trainiert jeweils denjenigen Spieler, bei dessen Training der höchste Handelswert des Vereins besteht." ("Gewinn" kann man nicht sagen, weil oftmals kein Training die vollen 350 kKj. bringen wird.)

Dann braucht man natürlich (endlich!) den Handelswert als Regelelement. Bisher stand die Handelswerttabelle bei AUFSTIEG nur im Saison-Info, da ich weder Privaten Handel zu unterbinden habe (ist schon geschehen) noch der Transferlistenmafia irgendwelche Hindernisse in den Weg lege (bisher - wartet nur ab!). Nun muß die Tabelle also doch ins Regelheft.

Und als drittes sollte sich mal jemand Gedanken darüber machen, wie es mit der Veröffentlichung des NMR-Trainings in der Auswertung aussieht. Bisher scheint er üblich zu sein, daß die trainierten Spieler in der Auswertung erwähnt werden.

Hat schon mal jemand darüber nachgedacht, in welcher Reihenfolge dies zu geschehen haben könnte?
Lukas Kautzsch meinte, er schreibe die Spieler so auf, wie er sie auswählen würde - das kann durchaus eine zufällige Reihenfolge sein (wenn man z. B. sowieso alle Talente trainiert, dann klickt man sie eben von oben nach unten an), aber auch die Reihenfolge, in der man sie bei einem komplizierten NMR-Training gefunden hat (das entspricht dann der Reihenfolge der Wertbilanzen und kann Aufschluß über Stufen von Spielern geben!).
Ich selbst habe in AUFSTIEG bisher die Namen der NMR-trainierten Spieler bisher stets alphabetisch sortiert angegeben, bin aber inzwischen fast der Meinung, daß es nicht schadet, einem buchführenden Manager in diesem Falle durchaus etwas zu erzählen. Immerhin veröffentliche ich ja keine direkten, sondern nur relative Daten - da kann der NMR-Manager sich nicht allzusehr beschweren.

Das NMR-Training ist (abgesehen von allfälligen Korrekturen in Zügen) das Einzige, was ich während einer Auswertung noch per Hand mitschreiben muß - alles andere schreibt UNITED/XY in Dateien im Ordner AUSWERT. Dieser Sonderfall ist natürlich auf Dauer nicht wünschenswert; sobald das automatische NMR-Training vollständig eingebaut ist, könnte es analog zu den NL-Verkäufen eine Protokolldatei geben, die vom Programm bei jedem NMR-Training automatisch erweitert wird.

Letzte Meldung

Das teamwertoptimierende NMR-Training ist in UNITED/ST 1.22 implementiert!

Die Antwortzeit beträgt dabei weniger als eine Sekunde; der GM merkt kaum, welch aufwendige Berechnungen das Programm in dieser Zeit durchzuführen hat. Damit steht der neuen NMR-Regel in AUFSTIEG nichts mehr im Wege.

Beim ersten Test kam ein erstaunliches Ergebnis zustande: Das Training eines A II 9 auf Stufe 10 ist in Runde 9 wertmäßig schlechter, als einen XY I 9 auf Stufe 10 zu trainieren und den anderen WP verfallen zu lassen!