Kommunikation und Teamspiel

Allgemeines

Die Idee, die mich überhaupt dazu bewogen hat, dieses Szenario zu entwerfen und zu veranstalten, war die Teambildung des auf The Song Of The Night basierenden Discovery-Szenarios Quest (Willow) von Bernd Lautenschlager.

Das bekannte Problem von Discovery (schon ca. 1982 habe ich selbst eine solche Partie geleitet) ist die Zufälligkeit der Expansionsrichtung aller Nationen. Durch ungünstige Entdeckungen (Dr, Rr, ...) kann einer Nation eine Expansionsrichtung durch einen Würfelwurf verwehrt werden; benachteiligt werden hierdurch die übrigen Nachbarn dieser Nation, in deren Richtung sich die betroffene Nation automatisch ziehen wird. Auf diese Weise kann eine andere Nation ohne eigenes Verschulden von mehreren anderen Spielern angegriffen und vernichtet werden.

Bernd Lautenschlager hat dieses Problem in seiner Partie Quest dadurch zu lösen versucht, daß er alle Nationen in zwei Parteien eingeteilt hat (die meisten von Beginn an, zwei durch ein Allianzverfahren bei der Entdeckung dieser Nationen durch ihre Nachbarn). Das gewählte Allianzverfahren war jedoch sehr instabil, die Stärke der Teams konnte durch Zufallseinfluß stark beeinflußt werden (Quest wurde praktisch allein durch diesen Effekt entschieden).

Daher war mir klar, daß meine "Teams" zu Beginn der Partie statisch definiert werden würden. Dafür wollte ich den Nationen eine situationsabhängige Möglichkeit zur Neuorientierung bieten.

Aufgrund ihrer höheren Kulturstufe kannten die Staaten bereits zu Beginn der Partie untereinander die Namen ihrer Nationen und die Himmelsrichtung, in der die jeweiligen Nationen zu finden sind. Sie wußten also auch, daß sie (mindestens) zu viert waren. Die Völker mußten hingegen erst durch Entdeckungen und Kommunikation herausfinden, wen es noch alles gab.

Die jeweils drei diplomatisch aktiven Spieler der Teams hatten die Teambildung in relativ kurzer Zeit erfolgreich absolviert. Die beiden Dropouts waren diplomatisch zu wenig kooperationswillig, was ihre Position zusätzlich schwächte; auch die beiden Standbies taten sich mit der Diplomatie schwerer als die übrigen Spieler.

Kooperation der Staaten

Bei den Staaten gab es schnell die Einsicht, daß man sich gegenseitig den Rücken frei halten würde; federführend war Atlantis mit der frühen Einführung der Dreierkonferenzen in den Nachrichten, die das Vertrauen der Beteiligten stark förderte. Erleichtert wurde dies durch etliche bedeutungslose, aber wechselseitig eroberte Gebäude im Dreiländereck, so daß es einfach war, eine tiefe entmilitarisierte Zone zu bilden, die dennoch von allen Spielern über den Gebäudebesitz leicht zu überblicken war. Über diese grundsätzliche Einigung hinaus "mauerten" alle Spieler der Staaten, gaben wenig Informationen über eigene Daten, Fähigkeiten oder gar die Lage ihrer Heimat heraus.

Kniffelig wurde die Lage auch dadurch, daß Mu und Atlantis durch die veröffentlichten SP-Zahlen des Tabellenführers bald merkten, wie knapp der Abstand zwischen ihnen beiden an der Tabellenspitze war; das förderte insgeheim die Angst vor dem drohenden Einscheidungskampf zwischen ihnen um den Sieg, was beide aber mit allen Kräften zu vermeiden suchten, und hemmte damit die Informationsfreudigkeit.
Mu begann separate Verhandlungen mit Thanatos, aber aufgrund seiner Seeposition war Atlantis nur effektiv anzugreifen, wenn Mu seine Seemacht voll ausspielen konnte - das hätte einen Friedensschluß mit den Giganten erfordert (den diese übrigend in Erkenntnis dieser Lage auch pausenlos vorschlugen!).
Thanatos hingegen spielte nicht auf Sieg, sondern war mit seinem erfolgreichen Feldzug gegen die Kleinlinge zufrieden und dachte nicht an Krieg gegen Atlantis.

Technisch spielten die drei Staaten trotzdem fast permanent optimal zusammen (Thanatos flog z. B. trotz des Kriegs mit den Kleinlingen seine kostbare Hexe an die Küste, um eine versprengte Ok-Einheit der Aquarianer hinter der Atlantis-Front festzuzaubern); insbesondere finanzierten sie gemeinsam das schwer angeschlagene Thanatos nach dem Erstschlag der Elben über seine erste Durststrecke hinweg. Atlantis erfüllte seine Bündnispflicht buchstabengetreu, unterstützte Thanatos in das von den Elben besetzte Singkil und verhalf Mu zurück in das von den Giganten eroberte Amderma.
Dennoch hielt Atlantis bis zum Spielende auch seinen Nichtangriffspakt mit den Giganten ein - das leere Küstenzentrum Tschiniot wäre jederzeit zu erobern gewesen, aber der Rest der Küste sah einfach unattraktiv aus. (Landeinheiten hätte Atlantis durchaus genug gehabt, um die Giganten von deren völlig offenen Flanke her aufzurollen - an der Küste zu den Elben dagegen wäre auf die Dauer nichts zu halten gewesen.)

Kooperation der Völker

Ganz anders bei den Völkern: Es dauerte eine ganze Weile, bis der 'Bund der Drei' (zuerst wohl ausgerufen von den Giganten) eine echte Wirkung zeigte.
Danach ging es aber in der Kooperation immer weiter: Bald schon wurden Attribute, SC- und SP-Zahlen und deren Veränderungen sowie detaillierte militärische Informationen ausgetauscht, so daß die Elben bereits während des fünften Spieljahres das komplette Gleichungssystem auflösen, also sämtliche Ausrichtungen und SC-Zahlen aller Teilnehmer berechnen konnten; lediglich die exakte Zuordnung der Staaten zu den Attributpaketen war zu diesem Zeitpunkt noch nicht eindeutig zu erkennen, da die Elben trotz fortgesetztem Informationsfluß von allen Völkern offenbar nicht konsequent weiterrechneten und deshalb trotz brillianter Vorarbeit die Stärke ihrer Gegner (vor allem Keywânema!) nicht so exakt abschätzen konnten, wie es ihnen eigentlich möglich gewesen wäre. (Vielleicht war Claus einfach von der unglaublichen Figurenzahl Keywânemas erschüttert?)

Die Elben forcierten durch umfangreiche Nachrichten einen immer detaillierteren taktischen Informationsaustausch, konnten aber während der Umzingelung von Thanatos nicht verhindern, den Kleinlingen versehentlich deren wichtigsten Drachen durch Bestechung abspenstig zu machen und damit deren schöne Mauerstellung zu sprengen.
In der Schlußphase ging dann allen Völkern gleichzeitig die Puste aus, Presse wurde - wenn überhaupt - nur noch in Notversionen erstellt: Die Elben-Presse vom Tag 07, von Claus erst eine Woche nach ZAT bei mir abgeliefert, fiel bei mir wohl irgendwie 'hinter die Heizung', die für Nacht 07 angekündigte Elben-Presse kam gar nicht mehr nach, die Kleinlinge gaben ihren Nacht-07-Zug aus dem Urlaub via Telefon ab ...

Der versuchte diplomatische Coup der Giganten

Die strategische Uneinigkeit zwischen den Giganten, die das politisch isolierte Keywânema durch ständige Hilfsangebote gegen Mu auf die Seite der Völker ziehen wollte, und den Elben, die das Heil in der Flucht nach vorne, also einem schnellen, koordinierten Feldzug zur Entlastung der Kleinlinge sahen, schwächte die Völker zweifellos.

Es ist aber völlig offen, ob ein früheres gigantisches Eingreifen den Völkern so sehr geholfen hätte: Keywânema versagte Mu immerhin in einer Schlüsselposition (Tag 06) eine wichtige, explizit angeforderte Unterstützung und rettete die Giganten dadurch aus einer Kesselschlacht (statt dessen wurde sogar die beste Einheit von Mu - aOr1(SP) eliminiert!).

Und womöglich hätte Atlantis seine strikte Neutralität gegenüber Landnationen während des Aquarianer-Feldzuges angesichts einer existenziellen Bedrohung für Keywânema früher aufgegeben und die offene Giganten-Küste besetzt?