Leserbrief

(Raimund Voß, GM im Dice and Rumours)

Lieber Michael,

Dein Klagelied von der mangelnden Mitarbeit der Leser bei der Erstellung des United-Forums läßt sich leicht erklären. Das Niveau ist zu wissenschaftlich! Ohne eine mathematische Fachausbildung würden sich Artikel wie "Die magische Liga-Wertkonstante" oder "Anmerkungen zum Spielerwert" wohl kaum schreiben lassen. So interessant, so lehrreich und so anspruchsvoll diese Erörterungen beim (anstrengenden) Lesen auch sind, kann wenigstens ich nur wenig zur Diskussion beitragen. Wenn Du ein möglichst breites Echo auf Deine Artikel willst, solltest Du Dich davor hüten, rein mathematische Schwerpunkte zu setzen.

Ich möchte nicht unbedingt nur gezielt Resonnanz zu meinen Spezial-Träumereien, sondern eben gerade auch Artikel aus Deinem Blickwinkel. Ich will ja auch etwas über United lernen - klingt lustig, ist aber ernst gemeint. Trotzdem: Welche Abweichungen von United3 habt ihr?

Wir reden hier die ganze Zeit davon, daß United Fußball simuliert. Dabei gibt es Simulationen immer aus einem bestimmten Blickwinkel: Man kann Fußball von der Seite des Fans betrachten (so geht es mir mit dem realen Fußball), von der Seite des Spielers (da habe ich nur wenige Erfahrungen), von der Seite des Trainers (ich habe mal eine Basketball-Schulauswahl betreut - das war mindestens so fetzig, wie selbst mitzuspielen), von der Seite des Managers bzw. Vereinsvorstandes (das ist die etwas abgehobene Sicht der Dinge, der United am ehesten gerecht wird) und von vielen anderen Seiten mehr. Entsprechend dieser Klassifikation könnte man mindestens ebensoviele verschiedene Fußballsimulationsspiele erfinden - ganz zu schweigen von Simulationen, die mehrere Blickwinkel zu vereinigen suchen (bei United die beiden letztgenannten).

Nach meinen Erfahrungen sind viele United-Spieler keine ausgesprochenen Rechen-Tüftler, sondern Sport- und Fußballfans, die auf dem Papier möglichst originalgetreu die Bundesliga nachspielen wollen, und die hat mit Mathematik höchstens am Rande etwas zu tun. Auch bei United selbst ist Rechnerei nur das notwendige Rüstzeug zum Erfolg.
Das eigentliche Salz in der Suppe ist der Nervenkitzel, wenn man ein neues Zine aufschlägt, der eloquente Stil des GM bei den Spielberichten, eine lockere Atmosphäre bei den Spielern untereinander sowie Zuverlässigkeit in der Erscheinungshäufigkeit des Zines. Es wäre gut, auch über den zu fordernden oder wünschenswerten Standard der einzelnen United-Systeme in dieser Hinsicht etwas erfahren zu können.

Es fällt mit viel leichter, Aussagen über Zahlen zu Papier zu bringen, als das 'Flair' eines United-Systems zu beschreiben. Für letzteres habe ich zudem einen viel zu engen Horizont, da ich lediglich in drei Ligasystemen mitspiele (demnächst sogar nur noch in zweien), die auch noch sämtlich unter UNITED/ST laufen und bei denen ich die Spielleiter recht gut kenne. Hier sind diejenigen Spieler aufgerufen, sich zu äußern, die sich da besser auskennen. Allerdings: Wie beschreibt man denn nun so ein Ligasystem, wenn man die formalen Kategorien beiseite läßt? Eine ähnliche Diskussion (über den Deutschen Zine-Poll) läuft übrigens gerade im (sehr empfehlenswerten) Interzine (wo Lukas Kautzsch für solche Dinge immer noch eine Rubrik frei hat). Ich kann und will selbst keine Zines bewerten, habe aber nichts dagegen, wenn andere dies tun wollen.

Auch etwas Klatsch aus der Szene sollte drin sein, der Kicker könnte auch kaum bestehen, wenn er nur Tabellen und taktische Diskussionen veröffentlichen würde.

Mit dem Klatsch meinst Du nur die United-Szene - oder auch die Szene des echten Fußballs? Ich möchte ungern den Kicker abschreiben, auch nicht teilweise. Zudem bin ich (mangels Zeit) auch kein so heißer Fußball-Fan, daß ich wüßte, wieviel McInally und/oder Bebeto für die Bayern nun genau kosten werden und warum Stuttgart mit Kohr und Frontzek für Klinsmann nächstes Jahr Meister wird oder nicht. Aber wenn jemand eine direkte Verbindung zwischen Fußball und United herstellen kann - bitte sehr!

Allerdings ist der Kicker für Fußball-Fans geschrieben, das United-Forum dagegen für United-Manager - die Verbandszeitschrift des DFB wird sicher nur einen geringen Prozentsatz an Klatsch enthalten. Ein Fußball-Fan ist gezwungen, ausschließlich zu konsumieren - ein United-Manager kann und soll dagegen selbst etwas tun. Daher werden sachbezogene Artikel im United-Forum gegenüber Klatschkolumnen wohl immer im Vordergrund stehen.

Diese neue Arbeit brauchst Du nicht allein zu erledigen. Hier wären Mithelfer recht leicht zu finden.

Bei Deinem letzten Satz fiel mir übrigens - ehrlich - ein Stein vom Herzen. Ich dachte schon ...