Chancenauswertung in United

(Michael Schröpl)

Einleitung

Nachdem in einem Spiel die Reihenwertungen der 'einander entgegengesetzten' Reihen (V gegen S, M gegen M, S gegen V+A) miteinander verglichen worden sind, steht die Anzahl der Torchancen auf beiden Seiten fest. Bei der Auswertung dieser Chancen kommen nun Würfel bzw. Zufallszahlengeneratoren zu ihrem Recht - das sogenannte 'Glückselement' in United.

Das Ziel dieses und einiger anderer Artikel in diesem Heft soll es sein, zu beleuchten, wie diverse Entwerfer von United-artigen Regeln sich ihre persönliche 'Fortuna' ausgedacht haben.

Definition einer Maßeinheit

Zunächst einmal: Alle Analysen von Verfahren zur Chancenauswertung werden immer versuchen, anzugeben, wie gut in einem Regelsystem ein bestimmter Torwart bzw. Ausputzer ist.

Als Maßeinheit hierfür werde ich die Anzahl der Chancen verwenden, die im Durchschnitt benötigt werden, um gegen den betreffenden Torwart, Ausputzer oder die Kombination aus beiden ein Tor zu erzielen. Wird gegen einen Spieler die doppelte Anzahl von Chancen wie gegen einen anderen benötigt, dann werde ich ersteren 'doppelt so gut' nennen.

Etwas Wahrscheinlichkeitsrechnung

Im Standard-United-System wird jede Torchance zuerst mit einem 15-seitigen Würfel gegen den Ausputzer, jeder so entstandene Torschuß anschließend mit einem 14-seitigen Würfel gegen den Ausputzer gewürfelt. Für die Wahrscheinlichkeit, daß bei diesen beiden Würfelwürfen ein Tor erzielt wird, ist die Reihenfolge der beiden Würfelwürfe nicht von Bedeutung - beide Zufallsereignisse sind unabhängig voneinander.

Ein Tor wird genau dann erzielt, wenn sowohl der Torwart als auch der Ausputzer überwunden wird. Die Wahrscheinlichkeit für dieses zusammengesetzte Ereignis kann daher durch Multiplikation der beiden Einzelwahrscheinlichkeiten bestimmt werden. Einfaches Beispiel: Gegen einen T7, der jeden zweiten Ball hält, und einen A10, der zwei von drei Chancen vereitelt, führt nur jede sechste Torchance zum Ziel; die Wahrscheinlichkeit für ein Tor ist 1/2 * 1/3 = 1/6.

Ein Maß für Hintermannschafts-Stärken

Diese Kombination von Wahrscheinlichkeiten kann man auch anders veranschaulichen: Man malt sich eine Tabelle mit (z. B.) 14 Zeilen und 15 Spalten. Die Zeile entspricht der Zahl, die für den Torwart gewürfelt wird, die Spalte steht für den Würfelwurf des Ausputzers. Die gesamte Tabelle enthält 14 * 15 = 210 Felder, die dem entsprechenden Paar von Würfelereignissen entsprechen. Jedes Feld, dessen Würfelzahlen einen erfolgreichen Torschuß anzeigen, ist ein 'günstiges Ereignis'; die Wahrscheinlichkeit für ein Tor ist die Anzahl der günstigen geteilt durch die Anzahl der möglichen Ereignisse.

Die Anzahl der 'günstigen' Tabellenfelder ist im Konzept von Oberfoul als Hintermannschafts-Kennwert bekannt. Die schlechtestmögliche Kombination (T0 / A0), die keinen einzigen Schuß hält, hat also den HIM-Wert von 210, die auf normalem Wege erreichbar bestmögliche Kombination (T10 / A10) hat einen HIM-Wert von 20 (4 von 14 Schüssen gegen den Torwart * 5 von 15 Schüssen gegen den Ausputzer).

Was ist 'gut'?

Nun möchte ich erst einmal ein paar Hintermannschaften, die es in 'normalen' Mannschaften immer wieder geben wird, in Zahlen fassen.

T I 10 + A II 10: HIM 20. 10.5 Chancen pro Tor werden benötigt.
T I 10 + A II 8: HIM 28. Läßt fast 50% mehr Gegentore zu als zwei Zehner.
T II 8 + A I 10: HIM 30. Eine Spur schlechter als andersherum, dafür bekommt des Gegners Sturm eventuell zwei Chancen weniger.
T I 10 + A III 6: HIM 36. Das ist schon fast nur noch halb so gut wie 10-10.
T III 6 + A I 10: HIM 40. Der T 6 ist trotz 12 WP nur halb so gut wie ein T 10.
T II 8 + A II 8: HIM 42. Schlechter als beide 10-6-Kombinationen.
T III 6 + A II 8: HIM 56. Gegen 10-10 schon fast dreimal schlechter.
T III 6 + A III 6: HIM 72. Da geht schon jeder dritte Schuß durch.
T IV 5 + A nT 5: HIM 90. Halbsoviele WP wie 10-10, 4.5mal so viele Gegentore.

Die gesamte HIM-Tabelle

Die gesamte Tabelle sieht folgendermaßen aus:

  T00T01T02T03T04T05T06T07T08T09T10T11T12T13T14
A00210195180165150135120105 90 75 60 45 30 15 0
A01196182168154140126112 98 84 70 56 42 28 14 0
A02182169156143130117104 91 78 65 52 39 26 13 0
A03168156144132120108 96 84 72 60 48 36 24 12 0
A04154143132121110 99 88 77 66 55 44 33 22 11 0
A05140130120110100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0
A06126117108 99 90 81 72 63 54 45 36 27 18 9 0
A07112104 96 88 80 72 64 56 48 40 32 24 16 8 0
A08 98 91 84 77 70 63 56 49 42 35 28 21 14 7 0
A09 84 78 72 66 60 54 48 42 36 30 24 18 12 6 0
A10 70 65 60 55 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0
A11 56 52 48 44 40 36 32 28 24 20 16 12 8 4 0
A12 42 39 36 33 30 27 24 21 18 15 12 9 6 3 0
A13 28 26 24 22 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0
A14 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0
A15 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

In diese Tabelle kann man sich nun Kurven einzeichnen, die Tabellenfelder mit (etwa) gleichgroßen HIM-Werten verbinden. Diese Kurven beschreiben dann die WP-Verteilungen von gleichstarken Hintermannschaften.

Umgekehrt beschreibt eine Gerade von links unten nach rechts oben durch die Tabelle eine Menge von Hintermannschaften mit gleichen WP-Summen. Auf diese Weise kann man feststellen, daß die minimale Wirkung der Hintermannschaftsspieler in der Mitte einer solchen Gerade, bei etwa gleich starken Spielern, vorliegt.

Die grundsätzliche Aussage, die man aus diesen Zahlen ableiten kann, ist: Je besser ein Spieler der Hintermannschaft ist, desto wichtiger wird jede weitere Verbesserung in Richtung der Stufe 10.

Überstarke Spieler

Die Tabelle enthält absichtlich auch Spieler bis zu den maximal möglichen Stufen. Dadurch kann man sofort sehen, wie extrem die Auswirkungen eines solchen Spielers sein können:

Noch stärkere Spieler lassen fast keine Chancen mehr durch.

Härteeinsatz

Je näher es an das Maximum herangeht, desto mehr bringt jede weitere Stufe - also auch der Einsatz von Härte.

Wenn man T6 + A6 hat, kann man durch Härte 8 auf den Torwart die Qualität der Hintermannschaft von HIM72 auf HIM36 verdoppeln; mit T8 + A8 bringen dieselben 8 Härtepunkte ebenfalls eine Verdoppelung. Wenn die Härte keinen Spieler auf Stufe 10 bringt, dann ist die Verbesserung deutlich weniger stark; bei jeweils 4 Härtepunkten auf T6 und A6 (-> T8 und A8) verbessert sich die Qualität der Hintermannschaft nur von 72 auf 42, also um einen Faktor von 1.71.

Erkenntnisse für Aufstellungen

Jetzt haben wir eine große Tabelle mit vielen Zahlen drin. Was kann der normale United-Manager damit anfangen?

Zunächst mal der Schlüsselsatz von Gunthart Thamm: "Je 10-10er man hinten hat, desto mehr kann man 2-5-2en!". Übersetzt in die Sprache der normal Sterblichen: Je sicherer man ist, in der Hintermannschaft dem Gegner deutlich (z. B. um einen Faktor von 2 oder mehr) überlegen zu sein, desto weniger Angst muß man haben, mit aller Macht Mittelfeld zu spielen. Was soll der Gegner dagegen tun? Spielt er ebenfalls Mittelfeld, dann ist 0:0 das wahrscheinlichste Ergebnis; stürmt er, dann bekommt er zwar ganze Torchancen gegen halbe, aber (bei gleicher Stärke der Feldreihen) nicht doppelt so viele Torchancen gegen eine doppelt so gute Hintermannschaft, weil der Ausputzer diese Chancen um bis zu 10 reduziert, und wenn er mauert, dann ist er ganz platt. Es gibt keine Aufstellung gegen 10-10-x-3x-x, die mit nur halber Stärke der Hintermannschaft ein überlegenes Spiel erhoffen läßt.

Die Erkenntnisse bezüglich Härte habe ich oben bereits aufgeführt. Wenn man einen Spieler der Hintermannschaft mit einem vertretbaren Maß an Härte auf Stärke 10 bringen kann (Heimvorteil kann ja nur auf Feldreihen eingesetzt werden), dann sollte man dies tun.

Ich gehe so gar so weit, zu behaupten, daß es nicht gut ist, bei einer Hintermannschaft von T II 8 und A I 10 den Torwart auf 10 zu trainieren, wenn es irgend etwas anderes Sinnvolles zu trainieren gibt. Wenn ich die besondere Qualität von 10-10 brauche, dann ist mir dies 4 Härtepunkte allemal wert; aber es gibt ja auch Spiele, in denen ich diese Qualität nicht haben will. Zum Beispiel gegen einen Gegner mit 10-10 oder mit ganz miserabler Hintermannschaft. Den Gegner mit 10-10 will ich durch 4 zusätzliche Punkte im Feld schlagen, wenn ich Torchancen bekomme und der Gegner nicht, gegen den Gegner mit offenem Scheunentor brauche ich Punkte im Feld, um nicht völlig ausgemauert zu werden. Wer einen T oder A II 8 auf 10 trainiert, beraubt sich selbst der Möglichkeit, auf einen Gegner mit bekannter Hintermannschaft variabel reagieren zu können.