Rückblick auf die Spieltage in Essen

(Michael Schröpl)

Turnited am Stand

Das bereits traditionelle 90-WP-Turnited-Turnier mit dem zwei Tage vor Beginn eingeflogenen neuen Auswerteprogramm war wieder mal eine runde Sache. Zwar stürzte das Programm am Samstag abend bei der Eingabe des 257. Spieler-Teams ab, da der Autor uns fälschlicherweise garantiert hatte, er habe auch diese Begrenzung verdoppelt, und die Alterungs-Funktion machte einen so haarsträubenden Unfug, daß man den Fehler im Quelltext auf Anhieb finden konnte, aber ansonsten klappte alles prima. Diverse Auswerte-Sklaven konnten sich sofort in das Programm einarbeiten; die Eingabe von bis zu 150 Aufstellungen pro Turnier dauerte aber dennoch jedesmal eine gute Stunde.
Für jeden Punkt gab es eine Prämie von 0.10 WP, so daß ein Turniersieger fast 3 WP verdienen konnte und das stärkste Team am Samstagabend fast 98 WP besaß. An den vier Tagen der Messe wurden 4+4+4+2 Turniere ausgetragen; jeweils am Abend alterten alle Teams derart, daß aus den über 89 liegenden WP die Quadratwurzel gezogen wurde. Damit wurden alle Teams wieder auf ein vernünftiges Maß zurückgestutzt, so daß auch am Sonntag Einsteiger noch gute Chancen hatten.
Die Gesamtrangliste gewann Günter Brockhoff vor Dimitrios Gavriilidis (beide hatten an allen Tagen ständig an der Spitze gelegen); ich selbst konnte mit zwei guten Schlußtagen den dritten Platz holen, nachdem anfangs gar nichts geklappt hatte. Vorjahressieger Timo Felber hatte seinen Pokal für den Sieger des Schlußturniers als Wanderpokal zur Verfügung gestellt; neuer Titelträger wurde der erst am letzten Tag eingestiegene und mit nur 91 WP (gegen 94 der Spitzenreiter) angetretene Michael Heissing. (Lauter United-GMs also - ob Turnited vielleicht doch mehr ist als ein reines Glücksspiel?)

Das Spielleitertreffen

Samstag nachmittags von 14-17 Uhr kam dann das geplante GM-Treffen zustande. Wir hatten sogar einen eigenen (Abstell-) Raum, in den wir uns zurückziehen konnten (trotzdem war es barbarisch laut). An GMs waren anwesend: Stefan Valkyser, Raimund Voß, Lars Freitag, Andre Bronswyk, Peter Herrmann, Dietmar Pfohl, Volker Dörfel, Burkhard Thamm, Willy Christensen, Peter Lauterbach, Christian Müller, Peter Rau und meine Wenigkeit.(Hoffentlich habe ich niemand vergessen?)

Alle Teilnehmer stellten sich und ihr Ligasystem kurz vor; danach begann eine lockere Diskussionsrunde. Ein großer Teil der Themen befaßte sich mit möglichen Erweiterungen für UNITED/ST; mehrere Benutzer des Programms konnten gegenüber der zuvor manuell vorgenommenen Auswertung eine Beschleunigung etwa um den Faktor 2 vermelden (ca. 60-90 Minuten pro Liga).

Dietmar Pfohl plädierte wieder einmal für die inkrementelle Auswertungs-Philosophie (einzelne Züge verarbeiten, sobald sie eintreffen); auch wollte er gerne für einzelne Spiele die Torchancen per Hand auswerten können. Ob ich einen solchen Schmackofatz jemals ins Programm einbauen werde, halte ich zumindest für fraglich. Zum ZAT muß sich der GM nämlich ohnehin mit so vielen Teilen der Auswertung herumschlagen (GM-Angebot, NMR-Behandlung, Spielkommentare), daß er meiner Meinung nach dann auch gleich die gesamte Auswertung (die per Programm ja nur noch halb so lange dauert) an einem Stück vornehmen kann. Außerdem kann zumindest ich selbst besser Kommentare zu Spielen schreiben, wenn ich die Aufstellungen nicht bereits eine Woche zuvor eingegeben habe. Und die einzelne Auswertung von Spielen an der automatischen Spielplan-Kontrolle vorbei, sobald beide Aufstellungen vorliegen, ist auch nicht nach meinem Geschmack.

Eine interessante Diskussion drehte sich um die Reihenfolge, in der die Spieler des GM-Angebotes bzw. der Transferliste innerhalb einer Runde angeboten werden. Einige GMs sortieren diese Spieler nach 'Qualität' absteigend, um zu verhindern, daß ein Manager den Spieler 7 nicht bekommt, weil er schon Spieler 4 gekauft hat, den er eigentlich weniger gerne wollte. Andere GMs sind der Meinung, daß sich der Manager mit diesem Problem gefälligst selbst herumschlagen soll, auch wenn dann die Preise weniger genau den 'tatsächlichen' Werten der Spieler entsprechen. Außerdem hätte ich selbst gewisse Schwierigkeiten, meine eigenwilligen Sonderspieler ohne Anwendung der kompletten RWP-Theorie richtig einzusortieren, und schließlich will ich den Managern die (keineswegs triviale) Aufgabe, solche Spieler richtig einzuschätzen, auch nicht abnehmen. Außerdem will ein Manager vielleicht lieber den (noch trainierbaren) X I 9 als den X I 10 kaufen - ein Allheilmittel ist diese Reihenfolge also auch nicht.

Bei der Bestimmung des GM-Angebotes wurde eine Reihe verschiedener Einstellungen sichtbar. Die von Lukas Kautzsch in Oberfoul aufgestellte Wahrscheinlichkeits-Tabelle, die nicht von der aktuellen Runde abhängig ist, wird von mehreren GMs zum Auswürfeln des GM-Angebotes verwendet. Andere GMs verwenden ein zum Vorjahr identisches GM-Angebot, bei dem nur Reihenqualifikationen verändert sind (insofern ist ähnlich wie bei meinem Ansatz das gesamte GM-Angebot der Saison vorher bekannt). Fast alle GMs übernehmen jedoch die gewürfelten Werte nicht bedenkenlos, sondern korrigieren bei extremen Fällen (fünf Torleute in einer Runde) per Hand nach. Spieler, deren Wert das vorhandene Bargeld der reichsten Vereine übersteigt, werden normalerweise nicht angeboten (ich selbst habe da diese Saison wohl ein paar sehr kräftige Perlen vor die Säue geworfen ...).

Bei einer genaueren Rückfrage an Dietmar Pfohl wurde mir nun endlich auch der Sinn der Regeländerung klar, nach der bei GM-Angebot und Transferliste der Käufer nicht mehr sein eigenes Gebot, sondern das zweithöchste Gebot plus 1 bezahlen muß. (Die Nichtliga bietet immer mit; bei zwei gleich hohen Geboten muß wohl eine Ausnahme von der Regel gemacht werden, da dann das zweithöchste Gebot + 1 höher als das höchste wäre, was der Käufer eventuell gar nicht mehr bezahlen könnte). Unter dieser Regel ist es nicht mehr so einfach, sich auf dem GM-Angebot durch eine Wahnsinns-Aktion hinzurichten (siehe Odenwald Rangers) - nun müssen schon mindestens zwei Manager gleichzeitig durchdrehen. Noch interessanter erscheint mir dieser Mechanismus bei der Transferliste. Offenbar hat Dietmar da ganz nebenbei die Mafia blockiert: Die Überweisung von Bargeld durch den überteuerten Kauf eines Schrottspielers ist nämlich jetzt nur noch dann möglich, wenn ein dritter Manager ein entsprechendes zweithöchstes Gebot abgibt. Dieser Manager, der von der Aktion nicht direkt profitiert, läuft nun aber Gefahr, daß ihn der Käufer des Schrottspielers stabt und ein Gebot abgibt, das hauchdünn unter seinem Gebot liegt, so daß nun diesem dritten Spieler eine Menge Geld für eine tote Leiche aus der Tasche gezogen wird! Höchst gefährlich also, mit der Mafia Geschäfte zu machen ...

Eine lange Diskussion beschäftigte sich mit dem Thema "Torschützenliste" allgemein und "Benennung von Elfmeterschützen" im Besonderen. Da in manchen Ligasystem der Torschützenkönig eine Prämie erhält, wird wohl jeder vernünftige Manager seinen bisher erfolgreichsten Schützen auch für die Elfmeter nominieren. Die Meinungen hierzu waren sehr unterschiedlich: da der Schütze Elfmeterschießen nicht als Fähigkeit besitzt, bekommt er 'unverdient' ein paar Treffer geschenkt. Ich halte mich aus dieser noch keineswegs beendeten Diskussion so lange heraus, bis mir jemand eine von allen GMs akzeptierte Regelung vorlegt. Diese müßte mindestens enthalten: Darf ein Manager einen oder mehrere (United-Omega: Präferenzliste mit Würfeln) Elfmeterschützen benennen? Wann bzw. wie oft (Runde, Phase?) darf er diese Zuordnung ändern? Bleiben Tore beim Vereinswechsel/Ligawechsel erhalten oder nicht? Außerdem sollten die Probleme der Manipulation erkannt werden: Ich kaufe mir einen Stürmer aus einer Liga mit schlechteren Hintermannschaften (damit hat Lemland Soccer sich früher einmal einen Torschützenkönig zugelegt, leider ohne Effekt), oder (wenn das nicht geht) ich kaufe mir ein Spiel. Wenn die Prämie in der Größenordnung von 2 WP liegt, dann zahle ich meinem Gegner über zwei private Täusche einen WP aus (das wird wohl jeder GM tolerieren), wofür er mich (mit gebrochener 3:1-Regel und ohne Ausputzer) deutlich gewinnen läßt (mein persönlicher Rekord in dieser Hinsicht ist Lemland Soccer - Ostfriesland 74:0 aus dem Jahr 1985).

Alles in allem war es eine interessante Runde; da inzwischen alle Teilnehmer Abonnenten des United-Forums sind, gab es auch bei komplexen Themen und Begriffen praktisch keinerlei Verständigungsprobleme. Es hätten allerdings mehr GMs kommen sollen; obwohl der Termin zwei Tage vorher festgelegt und am Info-Brett ausgehängt worden war, fehlten doch zahlreiche GMs, die zu dieser Zeit in Essen anwesend waren.