Der allmächtige GM schlägt zurück

(Frank Altpeter)

Ja, ja, Michael - ich weiß, bei Dir hat alles Sinn und Zweck! Du willst mit Deiner Attacke nur wieder eine Stellungnahme aus mir herauskitzeln ... Gut, Du sollst sie haben!

Ganz so unrecht hast Du gar nicht - Deine Stellungnahme beleuchtet die Sache besser, als ich selbst das Problem hätte darstellen können.

In dem von Dir zitierten Fall, in dem ich ein Gebot auf dem GM-Markt willkürlich (das sehe ich durchaus) ignoriert habe, glaube ich auch weiterhin, richtig gehandelt zu haben. Es lag kein Normalfall einer Zugabgabe vor, sondern ein solch extremer Ausnahmefall, daß mir auch eine extreme Reaktion als GM gerechtfertigt erschien.

Ich dagegen glaube, daß Du trotz UNITED/XY-Hochrechnungen das Gefühl für die Auswirkungen einzelner Aktionen noch nicht ganz drauf hast.

Zu der Sache war es folgendermaßen gekommen:

Wenige Tage vor ZAT unterrichtete mich ein Manager der Tottenham Slumspears davon, daß er sein Team ab sofort nicht mehr betreuen wolle (sein Abo-Konto näherte sich Null und er wollte es wegen Zeitmangels nicht mehr auffrischen).

Der erste Manager auf der Warteliste war ein mir zunächst nicht bekannter Mensch, den ich abends anrief und ihm das Team anbot, das er auch dankend annahm. Dann kam kurz darauf der erste Zug (der bewußte), und da fielen mir die Schuppen gewissermaßen von den Augen: Ich erfuhr, daß Thomas absolut unbeleckter United-Neuling und daß dies praktisch sein erstes Postspiel sei. Danach sahen seine Züge anschließend auch aus, denn er hatte gerade einmal die Regeln durchgelesen und kaum eine brauchbare Aufstellung abgeliefert. (Du weißt schon: Etwa so, als würde man beim Neuaufbau eines Teams lauter 5er-Spieler aufstellen; mittlerweile hat er schon viel gelernt und kämpft mit beachtlichem Erfolg.)

Der Aufbau von lauter 5er-Spielern kostet einen Verein Unsummen, wie Du leicht nachrechnen kannst: X I 5 = 600 kKj., X I 1 = 80 kKj., X I 9 = 2500 kKj.! (Oberfoul) Pro 10 WP verliert der Verein also fast 1400 kKj., bei 60 WP Alter I sind das dann 8000 kKj.! Das ist doch ein kleiner Unterschied zum Gebot der Slumspears?

Aber solche Katastrophen lassen sich auch ohne willkürliche Eingriffe bändigen, z. B. durch den Modus meines Qualifikationsturniers ...

Unter anderem hatte er eben für Rent-A-Player (einen Spieler, den der Club nur eine einzige Runde behalten durfte, weil er sich danach selbsttätig an die NL verkaufte) satte 500 kKj. geboten, was bei der relativ desolaten Beschaffenheit des Teams wohl den vorzeitigen Todesstoß bedeutet hätte.

Ein Manager eines Vereins mit einem Handelswert von 15000 kKj., der einen ca. 300 kKj. wertvollen Spieler (siehe Deine Aussage und RWP-Berechnungen) um lächerliche 200 kKj. überbezahlt, richtet seinen Verein viel weniger irreparabel hin als ein Manager, der für einen X I 10 statt 2500 kKj. mit Gewalt 3000 kKj. zahlt, weil er unbedingt aufsteigen will. Letzteres machen durchaus nicht nur blutige Anfänger.

200 kKj. Wertverlust entspricht etwa einem halben WP, den man durch schlechtes Würfeln verliert, wenn man in einem an sich ausgeglichenen Spiel den Kürzeren zieht. Und das soll einen Verein völlig umbringen?! Das passiert an jedem Spieltag in jeder Liga! Soll der GM jedem Verein, der ein Spiel mit Pech verliert, den fehlenden halben WP schenken, damit der Manager nicht heulend aus dem Spiel aussteigt?

Die durchschnittliche(!) Wertänderung eines Vereins in Oberfoul innerhalb einer Saison betrug in der letzten Saison ca. 1600 kKj. - und Du bezeichnest die Investition (nicht den Verlust!) von 500 kKj. als Selbstmord? Mein Lemland Soccer hat letzte Saison beim Abstieg aus der 1. Liga sage und schreibe 800 kKj. an Wert verloren - und ist momentan Tabellenführer mit 5 Punkten Vorsprung!

Daher habe ich das Gebot, meiner Meinung nach gerechtfertigt, ignoriert.

Ganz offensichtlich war sich Thomas als blutiger Anfänger der Tragweite seiner Aktion nicht im geringsten bewußt, ihm fehlte ja noch jeder Blick für die nötige langfristige Strategie in United. Normalerweise hätte ich ihn wohl angerufen und ihn - unabhängig vom konkreten Zug - kurz mit den wichtigsten Dingen bekannt gemacht. Wegen der Kürze der Zeit blieb mir in diesem einen Fall dazu keine Möglichkeit, daher habe ich eigenmächtig gehandelt; übrigens richtig, wie Thomas hinterher bestätigte, als er erkennen konnte, was er mit seinem Gebot angerichtet hätte.

Natürlich mag so etwas im Einzelfall sogar richtig sein - der Neuling wird es Dir sicher gedankt haben. Aber ich bin mir der Gefahr bewußt, daß solche Alleingänge des GMs zur Gewohnheit werden können - gerade bei Dir habe ich ja manch einsame Entscheidung miterleben dürfen. In dieser Hinsicht sage ich: Wehret den Anfängen! Besonders neue und ggf. unerfahrene GMs möchte ich in dieser Hinsicht lieber etwas bremsen.

Sicher - man könnte nun einwenden, wer das einmal mache, korrigiere später willkürlich alle Züge, die ihm nicht passen. Das werde ich sicher nicht tun.

Ich meine, es ist etwas anderes, wenn ein 'normaler' Anfänger in einer Saison mit seinem Team Fehler macht; das ist z. Zt. in der Rundschau bei sehr vielen Mannschaften, die neu aufgebaut wurden, der Fall.

Bei Thomas lag die Sache aber meines Erachtens anders: Er muß noch lange mit dem übernommenen Team leben. Der Fehler, den er im ersten pbm-Zug seines Lebens (!) gemacht hätte, hätte ihm aber direkt jede Chance genommen und ihm und den Mitspielern von Anfang an jede Freude an dem übernommenen Team und seinem Spiel verleidet. Daran kann doch keinem gelegen sein, oder?

Thomas hatte keine Zeit, sich wie ein 'normaler' Neuling wenigstens einige Zeit in die Regeln einzuarbeiten und daraus Schlüssel zu ziehen, sondern mußte aus dem Stand ins kalte Wasser einer laufenden Saison springen.

Wie viele Monate lang stand er schon auf der Warteliste, wenn er bereits sich auf Position 1 vorgearbeitet hatte?

Immerhin habe ich auch nur einen einzigen vorzeitigen Todesstoß verhindert und nicht grundsätzlich Einfluß auf Thomas' langfristige Strategie genommen, die er anschließend - nach eingehenderem Regelstudium - entwickeln konnte; die abenteuerlichen Aufstellungen habe ich ja stehen lassen. Ich wollte lediglich vermeiden, daß schon durch den ersten Zug, den Thomas überhaupt jemals abgegeben hat, bereits das Aus für den übernommenen Club und Thomas' Spielspaß im pbm-Metier festgeschrieben wurde.

So - und jetzt kannst Du auf mir 'rumhacken, wie Du willst.

Ich glaube, daß mehr Mitspieler meinen als Deinen Standpunkt verstehen, der eine stoische Handhabung der Regeln auch in jedem Extremfall verlangt. Meiner Meinung nach habe ich jedenfalls dem Spielspaß aller durch meine kleine Korrektur mehr gedient, als wenn ich ohne jedes Nachdenken an den Regeln unverrückbar festgehalten hätte. Insofern schließe ich mich der Fraktion derjenigen an, die meinen, man könne United auch 'kaputtregeln'. Für Ausnahmesituationen muß auch eine Reaktion mit Ausnahmen möglich sein.

Ganz und gar nichts hat eine solche Einstellung aber damit zu tun, ob der Spielspaß erhöht wird. Wessen Spielspaß denn eigentlich? Doch eben nur der Spielspaß derjenigen Leute, die so denken wie Du - meinen Spielspaß hättest Du bestimmt gemindert.

Wäre ich ein Konkurrent der Tottenham Slumspears, z. B. ebenfalls als Standby eines schwachen Teams derselben Liga, und würde schließlich knapp hinter diesem Gegner nicht auf- oder gar absteigen, dann würde ich den GM im Stillen oder gar Lauten verfluchen, weil er meinem Konkurrenten völlig grundlos einfach Geld geschenkt hat, das dieser dann in einen guten Spieler investieren konnte - und mir nicht! "Findest Du das in Ordnung so, ey?" Wenn auch nur ein einziger Deiner 60 Manager so denkt wie ich, dann gerät Deine Theorie des 'gesteigerten Spielspaßes' ins Wanken, denn den toleranten Mitspielern wird das Spiel durch Deinen Alleingang nicht verschönt - denen ist es bestenfalls egal, ob Du dem Neuling illegalerweise hilfst oder nicht. Nun bilde die Summe über den 'Spielspaß' und urteile selbst! Oder dürfen bei Dir nur diejenigen Manager Spaß haben, die so denken wie Du?

Spielspaß bedeutet nicht einfach, daß man Details nicht so eng sieht. Natürlich kann man United kaputtregeln. Aber ebenso natürlich kann man United auch durch das Gegenteil von Regeln ruinieren, und dieses Gegenteil sind Regellücken genauso wie Verstöße des GM gegen seine eigene, von den Managern als unumstößlich anerkannte Spielregel. Das hat mit Herumhacken auf irgendwelchen GMs nicht das Geringste zu tun - mir geht es eher um den Stil von GMing im Allgemeinen, worüber man - wie wir beide - unterschiedlicher Meinung sein kann.

Ich verstehe Deinen Standpunkt durchaus, glaube aber, daß gerade Du dafür eigentlich der falsche GM bist. Daß ein GM wegen einer offensichtlichen Lappalie grundlegende Prinzipien eines korrekten GMings über Bord wirft, vermag ich nicht zu akzeptieren.

Spätestens, wenn Du beim nächsten Standby erst nach dem Eintreten einer Katastrophe, die Du ausnahmsweise nicht verhindert hast, erfährst, daß auch dieser ein völliger pbm-Neuling war, wirst Du merken, daß Du in diesem Falle nicht genügend Informationen besessen hast, um Deine GMing-Philosophie durchzuziehen. Erfährt dieser Manager dann später, daß Du einen anderen Neuling 'gerettet' hast und ihn nicht, dann wird er bittere Krokodilstränen weinen, und ich kann es ihm nachfühlen.

Ich vermisse bei Dir in dieser Hinsicht nach wie vor das Problembewußtsein - Du glaubst offenbar immer noch, es allen (außer mir natürlich) recht machen zu können. Du wirst schon noch merken, daß das nicht geht. Vielleicht mußt Du solche Ungerechtigkeiten einfach oft genug am eigenen Leibe erfahren haben, bevor Du einen 'korrekten' GM zu würdigen weißt?

Vielleicht ist meine Meinung in den Augen der Hardcore-pbmler nicht mehr tolerabel - aber dann möchte ich lieber kein Hardcore-Spieler sein. Mir jedenfalls geht die gute Laune beim Spiel vor.

Ich gebe gerne zu, daß ich selbst ein etwas mulmiges Gefühl gehabt hätte, wenn der Neuling z. B. deutlich mehr als 1000 kKj. für Rent-A-Player geboten hätte. Aber selbst in diesem Falle wäre mir die Verpflichtung, für alle meine Manager ein gleichermaßen fairer und absolut unparteiischer Spielleiter zu sein, wichtiger gewesen als die Reparatur eines Patzers eines einzigen dieser vielen Manager.

Zwei Manager haben in meinem Ligasystem AUFSTIEG ihre Vereine bereits durch spektakulär überzogene Gebote auf (von ihnen mißverstandene Sonder-) Spieler des GM-Angebots umgebracht; beide hatten aber außerdem grundsätzliche Macken in ihren Teams, die entscheidender waren als der Verlust von 1000 kKj. Der eine von ihnen ist Herausgeber eines bekannten Zines, der andere war sogar selbst United-Spielleiter!