Aufstellungen in einer realen Umwelt

(Michael Schröpl)

Einleitung

In den vorherigen Heften hatte ich zunächst alle Aufstellungen pauschal gegeneinander spielen lassen und später die entsprechenden Tabellen nach unterschiedlichen Teamstärken diversifiziert. Dabei hatte ich angenommen, daß alle Aufstellungen jeweils gleich häufig auftreten würden. Der heutige Abschnitt meiner kleinen Serie über die Vor- und Nachteile bestimmter Aufstellungen wird sich mit den Auswirkungen der Häufigkeiten einzelner Aufstellungen befassen, die ich im letzten Heft veröffentlicht habe.

Modellbildung

Um Zahlen über die Güte der Aufstellung X gegen die Aufstellung Y zu erhalten, muß ich wieder einmal konkrete WP-Zahlen auf den Platz stellen. Da ich die Aufstellungswahrscheinlichkeiten aus AUFSTIEG verwenden will, muß ich hierfür Zahlen verwenden, die dem Ligasystem einigermaßen gut entsprechen. Woher nehme ich die? In Heft 3 hatte ich den FC Stan Dard 2.0 konstruiert, der bei vernünftigem Training einem Durchschnittsteam eines Ligasystems mit 2.0 Basis-WP und 0.5 Prämien-WP pro Punktgewinn (inklusive Pokalwettbewerb) entsprechen sollte. Genau dieses Szenario liegt in AUFSTIEG vor - der Modellverein sollte also die Vorgaben recht gut erfüllen. Wie gut er diese Vorgaben erfüllt, kann ich sogar nachprüfen. United/ST ermöglicht es dem GM, jederzeit eine Tabelle über alle Vereine ausgeben zu lassen, in der u. a. die Summe der WP in den 11 besten Spielern (wahlweise mit bzw. ohne alle uneingespielten Talente) erfaßt werden, und selbstverständlich auch jeweils der Mittelwert dieser Größen über alle Vereine des Ligasystems. Diese Werte über die Vereine meines Ligasystem in der 4. Saison, aus der auch die Aufstellungsverteilung stammt, besitze ich noch und kann sie also mit den Werten des FC Stan Dard 2.0 vergleichen, die ich über die 2.-7. Saison gemittelt habe.

Dabei komme ich zu den folgenden Ergebnissen (Runde 1-11): FC Stan Dard: 78.7 82.6 103.3 103.9 105.1 107.1 108.6 111.4 114.1 116.7 119.6 AUFSTIEG: 81 84 97 102 103 105 109 112 114 117 120 Paßt doch fast wie angegossen? Man sieht übrigens auch, daß in AUFSTIEG (trotz Pokalspielen in Runde 1) keineswegs alle Vereine ihre Talente in Runde 1 und 2 komplett einspielen, wie der FC Stan Dard dies gewissenhaft tut. In Runde 7 und 8 werden die AUFSTIEG-Vereine noch einmal stärker, weil sie in den beiden letzten Handelsrunden noch ordentlich einkaufen können, während der FC Stan Dard sich ja bereits in Runde 2 verstärkt hat. Diese Darstellung soll mit also genügen, aufzuzeigen, daß ich das bisherige Modell mit 11 Spielern der Stufe 8 weiterhin verwenden kann.

Zahlensalat Na, dann wollen wir doch mal die Zahlen aus Heft 11 nehmen - zur Erinnerung, die sahen folgendermaßen aus:

- und mit der jeweiligen Häufigkeit der gegnerischen Aufstellung multiplizieren. Die interessante Frage lautet dabei: Ist die Mittelfeldwalze auch in AUFSTIEG die beste Aufstellung? Auf diese Frage muß es zudem noch unterschiedliche Antworten geben. Einerseits rechne ich ja bisher immer mit identischen Teamstärken, also auf neutralem Platz. Andererseits besitze ich getrennte Häufigkeitstabellen für Heim- und Auswärtstaktiken, die ich mir später noch zunutze machen will. Zunächst aber will ich nur identische Stärken auswerten, wofür ich die Grundfaktoren und vor allem die entsprechenden Aufstellungen bereits besitze. Das führt dann zu folgender Tabelle:

Die Tabelle ist genauso zu lesen wie die vorherige. Nur habe ich jetzt auch jede Aufstellung gegen sich selbst spielen lassen müssen, damit jedes "Team" gleich viele "Spiele" austragen konnte (sonst wären die Punktzahlen nicht vergleichbar gewesen).

Das Ergebnis ist ein völlig anderes als nach dem wesentlich naiveren ersten Ansatz: Alle vier Standard-Taktiken sind praktisch gleich gut! Am besten schneiden in dieser realen Umwelt die Maurer ab - kein Wunder, wenn so viele Teams stürmen. Knapp dahinter landen die immer noch großartige Mittelfeldwalze von Rasenschach und Sturm auf den Plätzen. Die Umrechnung in Tabellenpunkte einer 12er-Liga zeigt, daß die Unterschiede zwischen den 'guten' Aufstellungen wirklich marginal sind; jede der anderen Aufstellungen ist allerdings mindestens 4 Punkte schlechter.

Der Heimvorteil Als nächstes wollten wir Heim- und Auswärtstaktiken unterscheiden. Dabei müssen wir den Heimvorteil irgendwie berücksichtigen. Das wird dazu führen, daß ich die Standard-Aufstellungen irgendwie verschönern muß. Härte will ich nicht betrachten; da Auswärtsteams mit Härte ggfs. die 3:1-Regel ebenfalls besser ausnutzen kann als z. B. 2-2-5, muß ich doch ein wenig herumbasteln. Taktik Heim-Aufstellung (111 WP) Auswärtsaufstellung (104 WP) 2-2-5 8-8-16-16-47 8-8-16-14-42 3-4-2 8-8-27-39-13 8-8-24-36-12 4-3-2 8-8-39-27-13 8-8-36-24-12 5-2-2 8-8-47-16-16 8-8-42-16-14 2-5-2 8-8-16-47-16 8-8-16-42-14 2-3-4 8-8-13-27-39 8-8-12-24-36 3-2-4 8-8-27-13-39 8-8-24-12-36 4-2-3 8-8-39-13-27 8-8-36-12-24 3-3-3 8-8-26-27-26 8-8-24-24-24 2-4-3 8-8-13-39-27 8-8-12-36-24 Das ist natürlich alles ziemlich über den Daumen gepeilt. Bei den Standard- Aufstellungen habe ich berücksichtigt, daß man ja kaum jemals lauter Spieler der Stufe 8, sondern meist ähnlich viele 10er, 8er und 6er besitzt, und habe die 3:1-Regel dann optimal auszunutzen versucht. Beim Heimvorteil habe ich ebenfalls die 3:1-Regel nachgeschönt, wo immer dies möglich war.

Hierfür sind allerdings erst einmal die entsprechenden Erwartungspunkte neu zu berechnen. Da hierbei nicht <n> Teams gegeneinander, sondern <n> Teams gegen <n> andere Teams spielen, helfen mir meine bisherigen Evolutionsprogramme nicht mehr weiter. Also das gute alte CHANCEN3.TOS - in gerade überarbeiteter, neuer Version - ausgepackt und 10*10 Aufstellungen eingetippt - zum Glück kann man jeweils eine Aufstellung für die nächste Hochrechnung beibehalten, das spart schon mal fast die Hälfte der Tipperei. Das Ergebnis ist dann wieder eine Tabelle wie die bisherigen; zum besseren Verständnis will ich allerdings zwei getrennte Tabellen daraus machen, wenngleich die Darstellung der Informationen etwas redundant sein wird.

Aufstellungen in Heimspielen

Der Heimvorteil haut ganz schön rein - kein Wunder, das ist ja praktisch ein zusätzlicher Feldspieler. Daheim kann man sich ziemlichen Unfug erlauben und kann immer noch eine theoretisch ausgeglichene Bilanz erwarten. Mit den besten Aufstellungen, nämlich Sturm, Mittelfeld und Rasenschach, kommt man auf mehr als 1.5 Punkte pro Spiel! Mauern ist daheim gegen beliebige Gegner gar nicht gut, erstaunlicherweise sogar schlechter als zwei ungewöhnliche Aufstellungen, nämlich Anti-Rasenschach und Halbherziger Sturm. Ersteres ist dank des Heimvorteils gegen alles außer Plattgeschossenwerden gut, 2-3-4 ermöglicht dagegen sogar gegen jeden Gegner eine positive Bilanz! Das schaffte ansonsten nur der totale Sturm, der in diesem Beispiel nicht exakt auf den Punkt ausgemauert wurde; Mittelfeld und Rasenschach haben nach wie vor ihre Angstgegner. Für sehr starke Teams ist also 2-3-4 daheim tatsächlich eine interessante Aufstellung, wenn man Angst hat, daß der Gegner vielleicht doch blind mauert. Wenn der Gegner 2-2-5 stürmt, ist es auch nicht schlimm. Bei hinreichender Überlegenheit sollte man daheim aber voll stürmen; in diesem Fall kann außer einer Würfel-Katastrophe nichts mehr passieren. Der gegnerische Ausputzer steht ja bereits optimal, und das reicht - in diesem Beispiel - immer noch nicht.

Aufstellungen in Auswärtsspielen

Wie schon bei den Spielen auf neutralem Platz gibt es auch bei Auswärtsspielen gegen unbekannte Gegner zwei Favoriten-Aufstellungen, und auch diesmal sind es wieder Rasenschach und Mittelfeld. Daß man damit gegen gleichverteilte Gegner selbst auswärts 10:12 Punkte holen kann, hätte ich allerdings kaum erwartet.

Wenn man schon einen Mann weniger auf dem Platz hat, dann muß man offenbar unbedingt versuchen, dem Gegner seinen Ausputzer "wegzunehmen". Deshalb ist Mauern auch deutlich schwächer, weil der eigene Ausputzer jetzt nur noch gegen die totalen Stürmer zusätzlich etwas bringt. Stürmen mit wenig Masse, obgleich beliebt, ist gegen durchschnittliche Gegner offenbar auch nicht so gut - wir werden sehen, wie das dann in der realen Umwelt aussieht.

Heimspiele in AUFSTIEG

Ein ausgeglichenes Punktverhältnis scheint auf eigenem Platz das Minimum zu sein, was man mit jeder Aufstellung erwarten darf (vorausgesetzt, das Team ist in seiner Liga wettbewerbsfähig). Nach oben hin gibt es allerdings gute und bessere Aufstellungen. Am besten aber - bei den vorgegebenen Aufstellungen - ist bedingungslose Offensive! Die beiden klassischen Siegeraufstellungen landen dahinter nur auf den Plätzen; Mauern ist daheim sogar schlechter als 2-3-4!

Auswärtsspiele in AUFSTIEG

Auf fremden Plätzen sieht es für alle Aufstellungen ziemlich schlecht aus. Aber auch hier gibt es doch kleine Unterschiede. Besonders erfolgreich ist es auch in diesem Falle die bedingungslose Offensive - wer mauert schon daheim? Gegen Stürmer darf man wenigstens mitwürfeln, und gegen Mittelfeld ist man sogar überlegen! Auch mauern - wenn man es richtig macht - hat gegen die zahlreichen Heim-Stürmer natürlich gute Karten. Überraschend landen die blinden Maurer in dieser Liste auf Platz 4 - wer hätt's gedacht! -, weil sie die kräftigen Stürmer in diesem Modell als einziger in den Griff bekommen. Wenn man sich dagegen ganz ungeschickt anstellt, dann kann das gut die Hälfte der ohnehin wenigen Auswärtspunkten kosten, die man im Laufe einer Saison zusammenkratzen wird.